Kurze Zeit nachdem der amerikanische Präsident Donald Trump darüber gesprochen hatte, „das ganze Ding [den Gazastreifen]“ zu „säubern“, machte er folgerichtig am Dienstag erneut einen schockierenden Vorschlag, der die ethnische Säuberung des Gazastreifens besiegeln könnte: die Übernahme des Gazastreifens durch die USA, die Entfernung seiner Einwohner und dessen Umwandlung in eine „Riveira des Nahen Ostens.“
„Die USA werden den Gazastreifen übernehmen, und wir werden damit auch einen Job machen“, sagte Trump. Laut New York Times gab es für diesen Vorschlag keine Beratungen mit dem Verteidigungs- oder Außenministerium; von einer öffentlichen Debatte ganz zu schweigen. Ebenso existierte kein Memorandum. Selbst den Besucher Benjamin Mileikowsky, alias Netanjahu, dürften Trumps Verlautbarungen überrascht haben. Diese waren eine spektakulär klingende, aber unausgegorene Eingebung als der israelische Ministerpräsident zu Besuch in den USA war, die auf Trumps Überlegungen in den vergangenen Wochen basierte.

Netanjahu und Trump im Weißen Haus am 4.2.2025 – Foto Reuters/Elizabeth Franz
„Er wird uns gehören und wir werden dafür verantwortlich sein, alle gefährlichen nicht explodierten Bomben und andere Waffen auf dem Gelände zu beseitigen. Das Gelände wird eingeebnet und die zerstörten Gebäude werden beseitigt“, meinte Trump in Bauherren-Art, so als ob es sich hier nur um ein technisches Problem handele.
Diese Ideen gehen zum Teil auf Trumps Schwiegersohn Jared Kushner zurück, aber auch auf Steve Witkoff, Trumps Sondergesandten für den Nahen Osten, der Israels Ministerpräsidenten dazu zwang, einen Waffenstillstand mit HAMAS zu vereinbaren. Wie Trump kommt Steve Witkoff aus der Baubranche. Sicher haben sowohl Witkoff als auch Trump ein Auge dafür, wie man den Gazastreifen wieder aufbauen kann; unwahrscheinlich ist allerdings, dass sich beide um das Völkerrecht scheren und dass sie das Elend und die Vorstellungen der dort lebenden Menschen in Rechnung stellen. Jedenfalls haben bisher alle arabischen Anrainerstaaten sich dagegen ausgesprochen, palästinensische Flüchtlinge aufzunehmen.
Nach der Nakba Ende der Vierziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts hat es bereits einige Versuche gegeben, Palästinenser umzusiedeln. 1953 vereinbarten Ägypten und UNWRA, 60.000 palästinensische Flüchtlinge vom Gazastreifen in die Sinai-Halbinsel umzusiedeln. Israelische Sicherheitskräfte führten danach bis zum Jahre 1955 Angriffe auf die betreffenden Palästinenserlager durch, die Menschen zum Verlassen bewegen sollten. Massenproteste führten dann zur Beilegung dieses Planes.
Von 1956 bis 1957 sammelte der israelische Finanzminister Eshkol 500.000 Dollar, um 200 Palästinenser vom Gazastreifen zu entfernen. Bis 1969 versuchte Israel den Lebensstandard im Gazastreifen zu senken und der Westbank anzugleichen, damit die Menschen dort ihr Land verließen. Als Ariel Sharon 1971 Verteidigungsminister war, zerstörte die israelische Armee tausende von Wohneinheiten und deportierte 12000 Palästinenser in den Sinai, viele von ihnen landeten im „Canada Camp“ in der Nähe der ägyptischen Grenze.
Norman Finkelstein macht auf die wiederholte israelische Politik des „Rasen-Mähens“ aufmerksam. Danach war es stets ein Anliegen israelischer Eliten, durch Terror-Angriffe Palästinenser einzuschüchtern und zu beseitigen und damit die Bevölkerungszahl im Gazastreifen zu reduzieren.
Was soll man von Trumps Vorschlägen halten? Seine politischen Ideen sind eng verzahnt mit seinen wirtschaftspolitischen und unternehmerischen Vorstellungen. Trump mag zwar viel vom Baugeschäft verstehen, doch seine Schutzzoll-Maßnahmen zeugen davon, dass er die Grundbegriffe des internationalen Handels nicht kennt. Die Theorie der komparativen Kostenvorteile lernen VWL-Studenten bereits im Grundstudium. Demnach bringt der Handel zwischen einem Staat A und einem Staat B dem Staat A auch dann Vorteile, wenn dieser ein bestimmtes Gut nicht kostengünstiger produzieren kann als Staat B.
Trump habe sich nie um das Völkerrecht gekümmert oder andere politische Führer auf Menschenrechte angesprochen, schreibt die New York Times. „Stattdessen hat er die Welt jahrzehntelang als eine Ansammlung von Ländern betrachtet, die Amerika abzocken. Ihn beschäftigt die Frage, wie er Einfluss auf andere Nationen nehmen kann, ob sie Verbündete oder Gegner sind. Und er sucht nach Möglichkeiten, die amerikanische Macht zu nutzen, um andere Länder zu dominieren und alles herauszuholen, was er kann. Herr Trump glaubt nicht an eine „Win-Win“-Diplomatie; bei allen Geschäften, ob in der Wirtschaft oder in der Außenpolitik, gibt es einen klaren Gewinner und einen klaren Verlierer.“
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