Freitag, 13.2.2009
Vor zwei Wochen machte ich mit einem Freund eine Reise nach Peking oder wie es im Neudeutschen heißt: nach Beijing. Wir buchten die Tour über das Reisebüro USO-Tours. Ich bin angenehm überrascht von der chinesischen Metropole. Die Freundlichkeit und Offenheit der Menschen, die Weit- und Weltläufigkeit der Stadt, ihre beeindruckende Architektur und das Essen, das auch für Vegetarier schmackhaft und vielseitig ist – das alles hätte ich so nicht erwartet.
Über die Bedeutung Chinas für Korea hatte ich vor einiger Zeit in diesem Blog geschrieben. Hatte ich ebenso geschrieben, nach bestimmten Untersuchungen sei die Luftqualität in Peking die schlechteste in Asien und vermutlich weltweit, so dass ich mich schon darauf einstellte, smogbedingt Atemprobleme in Peking zu bekommen und dort kaum eine Sehenswürdigkeit richtig erkennen zu können, so begrüßte uns bald nach der Ankunft ein strahlender Himmel und recht klare Luft. Man könnte nun einwenden, dies sei Zufall, an den meisten anderen Tagen könne man kaum die Hand vor den eigenen Augen sehen, doch solche Mutmaßungen scheinen mir auf Fehlinformationen in den westlichen Medien zurückzugehen.
Wir starteten vom Flughafen in Incheon am Freitag, 13. Februar 2009, um 9:05 Uhr mit einer DC 10 von China Eastern. Rechts neben mir sitzt ein koreanischer Junge und seine Mutter. Recht schnell schraubt sich die Maschine in die Höhe und schon bald senken sich die kleinen, an der Decke angebrachten Bildschirme nach unten. Wer nicht will, braucht natürlich nicht auf die Bildschirme zu schauen, doch die Bilder auf den Monitoren drängen sich auf. Wir geraten recht schnell in Turbulenzen, die ich in dieser Intensität noch nie in der Startphase in einem Flugzeug erlebt habe. Ob das wohl am Wetter liegt? Oder vielleicht an einer überalterten Maschinen, oder vielleicht sogar am fehlenden Geschick des Piloten?
Nach einiger Zeit sehen die Fluggäste auf den Bildschirmen eine Art Komödie. Ein Mitarbeiter eines Schnellrestaurants bediente einen Kunden und kippte dabei die Pommes Frites nicht in die dafür vorgesehene Schachtel, sondern auf den Boden. Ein wenig später schüttete der Bedienstete übertrieben viel Mayonnaise auf die Pommes Frites eines anderen Gastes. In einem weiteren Film sieht man Kunden in einem Kaufhaus, die ahnungslos neben einem Gemüseregal spazierten. Sie wurden von einem Regal überrascht, das sich scheinbar von selbst immer wieder öffnete (in Wirklichkeit aber von einem verdeckten Mechanismus) und die in ihm liegenden Apfelsinen auf den Boden kullern ließ.
Turbulenzen und Essen im Überfluss
Denjenigen, die kaum etwas zu beißen haben, würde das Lachen wohl im Halse stecken bleiben, wenn sie diese Filme sähen. Für einige Leute, die Lebensmittel im Überfluss haben, mögen solche Szenen wohl lustig sein, denke ich. Tatsächlich habe ich den Eindruck, dass ein Großteil der Bewohner vieler Länder nun eine Art Lebensmittelüberfluss genießt. Speisen sollen lecker sein oder dienen dem Zeitvertreib, man spielt mit ihnen, hat man genug, bleibt der Rest einfach auf dem Tisch stehen oder wandert unmittelbar in den Abfalleimer. Auch in Koera bleibt nach dem Essen – sei es in Restaurants oder im privaten Zusammenhang – immer wieder ein großer Teil des Essens zurück. Zu wenig servieren gilt als unhöflich. So deckt man den Tisch im Überfluss, wissend, dass ein großer Teil unangetastet bleibt.
Auch die beiden, die rechts neben mir sitzen im Flugzeug, lassen einige Essensreste zurück, obwohl ihre Portion nicht sonderlich groß war. Mir fällt auch ein Workshop eines Berufsverbandes in Deutschland ein: Einige Verbandsmitglieder bestellten sich im Hotel große Salateller neben ihren Hauptspeisen. Etwa ein Viertel der aufgetischten Speisen aßen sie, oder besser gesagt, sie nippten am Essen, der Rest blieb liegen. Vielleicht gehört es ja auch zum guten Ton, Essen liegen zu lassen. Denn dieser Überfluss war einst nur den Oberschichten vorbehalten. In den Industriestaaten zeigt sich aber eine bestimmte Entwicklung: Der relative Anteil der Lebensmittelkosten am Budget eines normalen Haushaltes sinkt. Andere Ausgaben werden somit relativ gesehen wichtiger. Durch das demonstrative Zurücklassen glauben nun auch die Vertreter der Mittel- und Unterschicht zeigen zu können, dass sie zu den gesellschaftlich Arrivierten zählen. Oder ist es einfach nur Gedankenlosigkeit, sich eine große Portion zu bestellen und die Hälfte zurückzulassen?
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Ein deutscher Wagen als Taxi – in Korea unmöglich, in China normal
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Wir landen nach etwa zwei Stunden um 9:55 Uhr in Peking. Der Flug startete um 9:05, die Uhren schlagen aber in Beijing eine Stunde früher als in Seoul. Auch hier, kaum anders als in Seoul, warten die Taxis in Reihe mit ihren unnütz laufenden Motoren vor dem Eingang des Flughafens. Die Luft hängt schwer und stickstoffbelastet über dem Ausgang. Ein Mitarbeiter der Reisegesellschaft, der gutes Englisch spricht, holt uns vom Flughafen ab. Er steuert seinen Wagen zielstrebig in Richtung des Jinglung-Hotels in der Nähe des Pekinger World Trade Centers. Dort sind wir untergebracht. Wir fahren über eine gut ausgebaute Schnellstraße und eine Autobahn, auf denen deutsche Autos fahren. Fast fühle ich mich wie zu Hause.
Die modernen Gebäude, die wir auf dem Weg zum Hotel sehen, imponieren. Sie verdrängen die traditionellen Hutongs immer mehr. Hier haben Architekten mit Phantasie gearbeitet. Die neuen Wolkenkratzer stehen auch planmäßig angeordnet. Meine Stimmung hebt sich. In Seoul habe ich dagegen den Eindruck, dass auf weiten Teilen des Stadtgebietes die Stadplaner eher mit dem Würfel gearbeitet haben. Als besonders trostlos und ernüchternd empfinde ich die vielen Wohnsilos in Seoul. Etwas Vergleichbares – deprimierende kilometerlange Stein- und Betonwüsten – sehe ich in Peking nicht. Allerdings: etwa 11 Millionen der 55 Millionen seit 2006 in chinesischen Gebäuden entstandenen Quadratmeter sind “vakant” (Korea Times / Los Angeles Times 28.2/1.3.09).
Glaspaläste statt Hutong
Auf dem Weg zum Hotel bin ich erstaunt über die verhältnismäßig gute Luftqualität. Nach dem eher ernüchternden, gashaltigen Empfang in der Nähe des Taxistandes, kann ich nun subjektiv keinen Unterschied zu Verhältnissen in Deutschland oder Frankreich feststellen. Ich habe wesentlich Schlimmeres befürchtet. In Seoul, so habe ich den Eindruck, ist die Luft an vielen Stellen sogar wesentlich schadstoffbelasteter als auf unserem Weg zum Hotel (etwa im Bereich um den Gyongbokgung Palast oder am Express Bus Terminal). Der Fahrer sagt uns, die Stadtverwaltung habe das System beibehalten, dass an ungeraden Tagen nur Fahrzeuge fahren dürfen, deren Nummernschild mit einer ungeraden Nummer endet und an geraden Tagen solche, deren Nummernschild die entsprechende gerade Nummer aufweist. Vielleicht sorgen auch die vielen deutschen Autos, die hier fahren, für eine bessere Luft als die Wagen, darunter zahlreichen “Dieseltraktoren”, die in Seoul herumkurven? Die Pekinger Stadtverwaltung hat auch einiges für die Verbesserung der Luftqualität im Vorfeld der Olympischen Spiele getan, so hat sie etwa 3800 mit natürlichem Gas betriebene Busse in Dienst genommen.
Das 330 Meter hohe World Trade Center
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Nachdem wir unsere Sachen im Hotelzimmer verstaut haben, machen wir uns mit der U-Bahn auf den Weg zum Lama-Tempel, dem wichtigsten buddhistischen Tempel in Beijing. Wir brauchen nur einmal in Dongdan in die Linie 5 umzusteigen und erreichen danach auch bald Yonghegong. Die Fahrt kostet 2 Yuan für jeden. Das sind weniger als 30 europäische Cent. Am Ausgang der U-Bahn Station können wir allerdings den Lama-Tempel nicht auf Anhieb finden. Allmählich dämmert es uns, dass die Tempelanlage wohl riesig ist, dass man den Eingang nicht unmittelbar mit dem Ausgang der U-Bahn-Station verbinden wollte, dass folglich der Tempelzugang erst nach einer gewissen Wanderung zu erreichen ist. Tatsächlich kämpfen wir uns zum Eingang der Tempelanlage, vorbei an einer langen, etwa drei Meter hohen roten Mauer, vorbei an allerlei Andenkenbuden und gestikulierenden Händlern. Nachdem wir den Eintrittspreis entrichtet haben, machen wir uns auf den Weg zum Eintrittstor des Tempels.
Ein Stück Tibet in Peking
Der Lama-Tempel ist Chinas bedeutendster Tempel. Im 18. Jahrhundert beherbergte er viele Mönche aus der Mongolei und aus Tibet. Ich bemerke auch eine französische und eine deutsche Reisegruppe über den Tempelinnenhof spazieren. Bei der deutschen Reisegruppe spiele ich für einige Minuten die Rolle des Zaungastes. Der Reisebegleiter scheint mir gelegentlich nicht die einwandfreisten Information zu geben. So meint er, der Hinayana Buddhismus sei auch in solchen Ländern wie Korea und Japan verbreitet. Überraschend viele Anhänger der Buddhalehre pilgern zum Tempel, zünden Räucherwerk im Freien an und verneigen sich dort. Ebenso verneigen sie sich vor den vielen buddhistischen Statuen in den einzelnen Tempelgebäuden oder zeigen ihre Ehrerbietung durch Niederwerfungen. In Korea habe ich keine Buddhisten gesehen, die sich außen vor dem Tempel verneigen.
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Buddhisten vor dem Lama Tempel
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Nach der ausführlichen Besichtigung des Lama Tempels fahren wir mit der U-Bahn zum Hotel zurück. Dort ruhen wir uns etwa zwei Stunden aus. Wir spazieren dann am Abend zum Tiananmen Platz.
Tor der göttlichen Miliärkunst am Tiananmen Platz
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