Gestern fand im Goethe-Institut in Seoul der sogenannte „German Carreer Day 2008“ statt. Er richtete sich vor allem an junge Koreaner und Koreanerinnen, die sich über die Möglichkeiten der Mitarbeit in deutschen Unternehmen informieren wollten. Unter den etwa zweihundert Besuchern befanden sich allerdings auch einige deutsche Studenten, die sich erhofften „ein Praktikum abgreifen“ zu können. Die Hauptorganisatoren der Veranstaltung waren das Goethe-Institut Seoul, der DAAD in Südkorea und die Deutsch-Koreanische Industrie- und Handelskammer (KGCCI).
Nach der offiziellen Begrüßung der Organisatoren stellte Frau Kim Eun Mi von der KGCCI kurz ihre Organisation vor und was deutsche Unternehmen in Korea machen. Danach kamen die Vertreter und Vertreterinnen bekannter deutscher Unternehmen und Institutionen zu Wort. Zu den mitwirkenden Unternehmen zählten BMW in Korea, die Lufthansa, Faber-Castell, und Bosch. KOPRA informierte über Praktikumsmöglichkeiten in Korea. Im zweiten Teil der Veranstaltung zeigte das Goethe-Institut Korea u.a., wie und wo man in Seoul Deutsch lernen kann. Der DAAD dagegen berichtete, wie und wo man in Deutschland studieren kann („Study & Research in Germany“).
Faber-Castell und die EU
Das Interesse war groß, viele drängten sich im Versammlungsraum im Keller zusammen, zwischendurch konnte man einen kleinen Imbiss erhalten, Stühle fehlten. Ich konnte nur den ersten Teil der Veranstaltung verfolgen. Der Besucher hatte in diesem Teil die Gelegenheit, viel Wissenswertes über die Geschichte deutscher Unternehmen in Deutschland und Korea und deren Personal- und Geschäftspolitik zu erfahren. Frau Kim Soo Youn von BMW-Korea ging beispielsweise sehr plastisch auf die Marketingpraxis der deutschen Edelmarke ein; anhand einer kleinen Befragung der Anwesenden zeigte sie, dass es für das Unternehmen wichtig zu wissen sei, wie die „Marke“ BMW beim koreanischen Kunden ankommt. Über die traditionsreiche Geschichte des weltgrößten Herstellers von Holzstiften, die Firma Faber-Castell, konnte man auch einiges erfahren. Die Produkte des 1761 von Kaspar Faber zur Herstellung von Bleistiften in Nürnberg gegründeten Unternehmens sind nicht nur bei künstlerisch begabten Menschen beliebt, auch Politiker nehmen sie gerne zur Hand, etwa zur Unterzeichnung von EU-Verträgen, wie Herr Bong Gi Lee, der CEO von Faber-Castell Korea auf unterhaltsame Weise darlegte.
Der Schwerpunkt der Ausführungen lag auf der Selbstdarstellung der Unternehmen. Es wäre sicherlich auch für viele der Anwesenden hilfreich gewesen, wenn die Unternehmensvertreter sich ausführlicher geäußert hätten zur Personalpolitik ihre Firmen und darüber, aufgrund welcher Voraussetzungen eine Mitarbeit möglich ist.
Mir fiel der scheinbar selbstverständliche Gebrauch des Englischen auf. Bereits vor der Veranstaltung gab es einige Ansagen auf Englisch, die auf neue deutsche Musikstücke aufmerksam machten. Die Leiterin der Sprachabteilung, Brigitta Grau-Günther, sprach zum Glück deutsch – nach ihrer prägnanten Einführung hat ein Kollege ihre Ausführungen ins Koreanische übersetzt. Koreanisch war dann auch die dominante Sprache während des ersten Teiles der Veranstaltung. Schließlich haben sich die meisten der Referenten und Besucher besser in Koreanisch als in Deutsch oder Englisch verständigen können.
Herr Michael Paulus vom DAAD moderierte den ersten Teil der Veranstaltung allerdings auf Englisch. Ich habe ihm gesagt, dass er nach meiner Meinung durchaus hätte in Deutsch sprechen können. Er meinte, es sei immer ein Abwägungsprozess. Wichtig sei die Frage, wie das Publikum die Sprecher verstehen könne. Da nach seiner Auffassung ein Großteil der Anwesenden noch weniger Deutsch als Englisch spreche, sei es sinnvoll, in Englisch zu moderieren.
Yoo, Hyun Sung von Bosch Korea informiert in Koreanisch und Englisch über Bosch
Ich glaube dieses Argument ist grundsätzlich richtig. Aber wie sah die Verteilung der deutsch- und englischsprachigen Zuschauer denn wirklich aus? Ich vermute, dass es eher umgekehrt war, dass ein Großteil der Anwesenden Germanistik Studierende oder Deutschlernende waren, also Leute, die durchaus – davon kann man ausgehen – gute Englischkenntnisse haben, deren Deutsch-Kenntnisse allerdings ausgeprägter sind.
Normalerweise kümmern sich deutsche Unternehmen in Korea leider auch wenig darum, ob ihre Bewerber Deutsch sprechen. Gute Englischkenntnisse sind viel wichtiger. (Dazu auch die Ausführungen von Ulrich Ammon & Chong Si-Ho (Hg.): Die Deutsche Sprache in Korea. Geschichte und Gegenwart. München: iudicium, 2003). Das führte dann auch dazu, dass Herr Christian Schindler, der Generalmanager der Lufthansa für Korea, seinen Vortrag auf Englisch hielt. Ich hatte den Eindruck, dass viele der anwesenden Studenten diese englischen Ausführungen nur wenig verstanden. Jedenfalls erhielt ich diese Rückmeldung von einigen Studentinnen nach dem ersten Teil der Veranstaltung.
Wer sich für Unternehmen interessiert, tut gut daran, sich in die Position des Unternehmens hineinzuversetzen und dessen Rationalität nachzuvollziehen. Zur Geschäftspraxis großer Unternehmen gehört es mittlerweile, dass sich ein erheblicher Teil der Kommunikation auf Englisch abspielt. Wer also eine von Unternehmen angebotene Informationsveranstaltung besucht, braucht sich nicht über den Gebrauch des Englischen zu wundern. Wer in einem solchen Unternehmen beschäftigt sein will, sollte sich schon früh auf die dort bestehenden Kommunikationsformen einstellen.
Diese Veranstaltung hat allerdings im Goethe-Institut stattgefunden. Ist es nicht die Aufgabe des Goethe-Institutes, deutsche Kultur und Sprache zu fördern? Auch der DAAD sollte daran ein Interesse haben. In diesem Rahmen wäre es m.E. passender gewesen, wenn zumindest auf Deutsch moderiert worden wäre. Schließlich geht es nicht nur darum, sich verständlich zu machen, sondern auch darum, im Goethe-Institut Anreize zum Lernen der deutschen Sprache zu schaffen. Unter den Teilnehmern und Teilnehmerinnen der Veranstaltung befanden sich viele Germanistik-Studierende und sicher auch verschiedene Leute, die einige Sprach-Kurse des Goethe-Institutes besuch(t)en. Ebenso haben eine Reihe Germanistik Professoren und Deutsch-Lehrende die Ausführungen verfolgt. Was denken sie wohl, eifrig Deutsch lernend oder lehrend, wenn sie bei einer solchen Veranstaltung im Goethe-Institut erkennen, dass ihre deutschen Sprachkenntnisse im Grunde genommen zweitrangig sind? Einige der anwesenden koreanischen Germanistik-Professoren waren, so habe ich vernommen, wenig davon begeistert, in Englisch angesprochen zu werden.
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