11. September 2001: Alternative Theorie und welche Reaktionen sie auslöst

Welche Berechtigung haben alternative Theorien zu den Ereignissen am 11. September in den USA? Um überhaupt kompetent über diese Frage mitreden zu können, sind grundsätzliche Kenntnisse notwendig über das, was geschah an diesem Tag, am 11. September 2001.

Doch viele Menschen glauben, sich diese Kenntnisse ersparen zu können. Einige ihrer politischen Ansichten fußen auf der offiziellen Erzählung vom 11.9.01, oder diese Ansichten (etwa: “Islamische Terroristen bedrohen den Weltfrieden”) sind zumindest wesentlich von dieser Erzählung beeinflusst; schnell lehnen diese Menschen alternative Erklärungsansätze als “Verschwörungstheorien” ab.

Intellektuelle, die sich nicht mit den Fakten befassen wollen

Zu den Menschen, die alternative Erklärungsansätze ignorieren oder ablehnen, gehören leider auch zahlreiche Wissenschaftler und Großtheoretiker, etwa solche vom Schlage Noam Chomskys. Sie beschäftigen sich, was die Ereignisse des 11. Septembers betrifft, nicht mit den Fakten. Die 9/11 Wahrheitsbewegung sei eine “fanatische Industrie mit religiösen Zügen” (siehe das Interview mit Chomsky weiter unten). Chomsky wischt von vorneherein kritisches Nachfragen und Skepsis an der offiziellen Version beiseite. Auch zahlreiche andere Intellektuelle übernehmen unkritisch die offizielle Version der Ereignisse des Tatherganges am 11. September.

Richard Rorty betrachtet die Politik der amerikanischen Regierung zwar mit großer Skepsis, akzeptiert aber die Version von den von Al Kaida orchestrierten Terroranschlägen. Auch Jürgen Habermas vertritt im Interview “Nach dem 11. September” in seiner Schriftensammlung “Der gespaltene Westen” (Frankfurt 2004) die offizielle Version des Tatherganges am 11.9.2001. Der deutsche Politikwissenschaftler Herfried Münkler bezieht sich in seinem Buch “Die Neuen Kriege” im 5. Kapitel bewusst auf die Version vom “religiös fundamentalem Terrorismus” (S. 184ff), auf dessen Konto die Anschläge vom 11. September gingen. Diese Liste ließe sich hier beliebig weiter fortsetzen.

Wer die offizielle Version des 9/11 in Frage stellt, erntet oft ein ungläubiges oder mitleidiges Lächeln. Oder man geht einfach nicht auf seine Argumente ein, schweigt den Fragenden, Zweifelnden tot, wie es die offiziellen Medien gerne tun. Oder man unterbricht ihn ständig, lässt ihm oder ihr keine Zeit, seine Ausführungen zu untermauern. Dann kann es noch zu deutlich aggressiveren Reaktionen kommen, etwa solche: “Halt endlich die Klappe. Mit diesen Fragen beschmutzt du das Andenken derjenigen, die in den Anschlägen ums Leben kamen” (Nicht viel anders äußerte sich dazu John McCain.)

[youtube https://www.youtube.com/watch?v=KdtTccXcThE&w=420&h=315]


Bill Clinton serviert einen Fragesteller ab und vertritt die offizielle Version

eingefügt von dailybackground am 27.10.07

Umgekehrt wird ein Schuh draus: Wer die vielen Ungereimtheiten der offiziellen Version einfach fraglos hinnimmt, beschmutzt der nicht viel eher das Andenken der Ermordeten? Eine andere Strategie besteht einfach darin, einem das Totschlagargument “Verschwörungstheorie” um die Ohren zu hauen, das tut auch Noam Chomsky. Dem lässt sich entgegnen, dass gerade die Erzählung von den Terroranschlägen, aus afghanischen Höhlen gesteuert, lange geplant und geheimgehalten, ausgeführt von einer fanatischen Clique zu allem entschlossener muslimischer Kämpfer, den Namen “Verschwörungstheorie” verdient.

Eine weitere Strategie, die dazu dienen soll, dem kritischen Frager den Wind aus den Segeln zu nehmen, besteht in der Gegenbehauptung: “Ich glaube jedenfalls nicht, dass es Präsident Bush war”. Oder in der Gegenfrage: “Glauben Sie etwa, dass es Präsident Bush war?” (So etwa geschehen bei Sandra Maischberger, die Andreas von Bülow am 9.11.2003 interviewte). Doch das kritische Hinterfragen einer Theorie ist nicht mit einer Schuldzuweisung gleich zu setzen. Michael Bröckers meint, dass die Ungereimtheiten der offiziellen Version nicht notwendigerweise bedeuten, dass die Regierung für die Anschläge verantwortlich ist, dass diese aber eine neue Untersuchung erforderten.

Welche Erklärung stimmt nun? Welche Möglichkeiten lassen sich auflisten?

A. Die offizielle Version (Die “Kernversion” oder die des Commission Reports aus dem Jahre 2004).

B. Denkbar sind zudem verschiedene Stufen auf einer Treppe, die von der offiziellen Version wegführt.

1. Auf der untersten Stufe stellt der Fragende Ungereimtheiten der offiziellen Version und Versäumnisse der Regierung fest.
Er kann, muss aber nicht eine alternative Theorie haben. Der oder die Fragende kann sogar alternative Theorien ablehnen. Doch er drückt den Wunsch nach einer umfassenderen Aufklärung aus. Auf dieser Stufe befindet sich der ehemalige US-amerikanische Präsidentschaftskandidat der Republikaner Ron Paul.

Tatsächlich hat auch der Commission Report Versäumnisse der Regierung aufgedeckt. George Tenet, der CIA-Chef von 1997 bis 2004, meinte für den Zeitraum im Juli 2001: “The system was blinking read” (259), was so viel heißen könnte wie: “Die Warnblinkleuchten des Systems gingen an”. Der Report berichtet beispielsweise von den täglich stattfindenden Sicherheitsbesprechungen des Präsidenten zwischen dem 20. Januar 2001 und dem 10. September 2001. In diesem Zeitraum hätten sich 40 Memoranden mit Osama bin Laden befasst und auf die Gefahren, die von Al Kaida ausgingen, aufmerksam gemacht. Die Überschriften lauteten etwa “Attacken von Bin Laden stehen
möglicherweise unmittelbar bevor”, “Bin Laden plant spektakuläre Anschläge” (S. 254ff). Der Report kommt auf Seite 265 zu dem Schluss “Zusammengefasst: die hiesigen Agenturen [Geheimdienste, National Security Council, Counterterrorism Security Group …] mobilisierten niemals ihre Kräfte als Reaktion auf die Bedrohung. Sie hatten keine Linie und keinen Plan, den sie umsetzen konnten. Die Grenzen wurden nicht gesichert, Transportsysteme nicht befestigt… Die Öffentlichkeit wurde nicht gewarnt” (S. 265). 

2. Theorien auf der mittleren Ebene gehen aus vom Vorauswissen in Regierungskreisen und sie bestreiten die Wahrheit der offiziellen Version (In diese Kategorie fällt etwa der ehemalige Luftwaffenoberstleutnant Robert Bowman)

3. Auf einer weiteren Ebene konstatieren Theorien das bewusste Geschehen-lassen der Terroranschläge (LIHOP: Let it happen on purpose, zu Deutsch: lass es absichtlich passieren.). In diese Kategorie fallen wahrscheinlich die Ausführungen von Michel Chossudovsky.

4. Schließlich sind wir auf der obersten Stufe angelangt. Hier gehen die Theorien nicht nur von der Mitwisserschaft, sondern von der bewussten Inszenierung der Anschläge durch Institutionen der Regierung oder durch ein Interessensnetzwerk aus: Make it happen on purpose (MIHOP), realisiere es mit Absicht. Diese Theorie vertritt etwa Webster Griffin Tarpley.

11. September 2001: Chomsky und die linken Gralshüter

Doch wer auf die von der offiziellen Version wegführende Treppe geht, betritt schwieriges Terrain. Das sieht man z.B. am gegenwärtigen US-Wahlkampf. Mir fiel auf, dass der ehemalige Kandidat der Republikaner, Ron Paul – und eher noch Dennis Kucinich, ein früherer Kandidat der Demokraten, für die 9-11 Wahrheitsbewegung Verständnis aufbrachten. Obwohl Paul eine neue Untersuchung fordert, distanziert er sich dennoch deutlich von der 9/11 Wahrheitsbewegung.

Beide Präsidentschaftskandidaten ernteten harte Kritik der Medien. Denn das laute Nachdenken und Sprechen über den 11. September oder das Infragestellen der offiziellen Version in der Öffentlichkeit gilt immer noch als Sakrileg. Ich habe den Eindruck, dass dieses ganze Ereignis zu einer Art gesellschaftlichem Komplex geführt hat, zu einem Thema, das die Menschen beherrscht, das sie aber nicht mehr rational steuern können: Es ist die unerträgliche Vorstellung, dass einer “demokratisch” gewählten Regierung möglicherweise schwere Versäumnisse gegen ihre eigenen Bürger mit tausendfachem tödlichen Ausgang anzulasten sind, Versäumnisse, über die sie ihre Bürger im Unklaren lässt, oder dass diese Regierung sogar möglicherweise aktiv an den Verbrechen, die sie anderen in die Schuhe schiebt, beteiligt war. C.G. Jung meinte einmal: “Es gibt unter jenen Menschen, die allgemein als normal gelten, eine große Anzahl solcher, die ein “skeleton in the cupboard” (zu Deutsch etwa: eine Leiche im Keller) bewahren, dessen Existenz man bei Todesstrafe vor ihnen nicht erwähnen darf” 1)


[youtube https://www.youtube.com/watch?v=u1HGY5jTj9Q&w=420&h=315]


Chomskys Argumente zum Thema 9/11: Täter, Tathergang, Rekonstruktion, Wahrheitsbewegung …


Anmerkung am 18.3.2016: Der Verfasser überprüfte diesen Blogbeitrag “11. September 2001: Alternative Theorie und welche Reaktionen sie auslöst” auf verwaiste Links. Das ursprüngliche Gespräch mit Chomsky, dessen Hauptpunkte im Folgenden zusammengefasst sind, ist nicht mehr als Videodatei auffindbar. Anstelle dieses medial nicht mehr verfügbaren Interviews nun der obige Beitrag, eingefügt von Stew Bradley am 9.8.2012, der einen kritischen Überblick über Chomskys Argumente enthält.

Ich glaube, daran hat sich bis heute nichts geändert. Vielleicht ist dies auch der Grund, warum Leute wie Noam Chomsky die offizielle Version des Tatherganges akzeptieren? Oder gehört Chomsky im Grunde genommen zum Establishment, das er in seinen Werken fortwährend scharf kritisiert?

Chomsky meint, es sei wichtig, drei Fragen zu stellen. Die ersten beiden Fragen kann ich deutlich verstehen, dann jedoch habe ich den Eindruck, dass er im weiteren Verlauf des Interviews nicht mehr viel Wert auf eine thesenartige Darstellung seiner Argumente legt. Seine Argumente lassen sich in fünf Punkte zusammenfassen. Ich möchte im Folgenden auf diese Punkte eingehen.

1. Man muss Kenntnisse als qualifizierter Ingenieur haben, um die Ereignisse des 11.9. beurteilen zu können. (Kann man ein hochqualifizierter Ingenieur durch wenige Stunden im Internet werden?)

Ein Ingenieur braucht man sicher nicht zu sein, um Widersprüche und Ungereimtheiten einer Theorie oder eines Berichtes aufzudecken. 1986 erfolgte die Reaktorkatastrophe in Tschernobyl. Es lief etwas nicht so ab, wie es nach den in einem Kernreaktor normal erfolgenden Kettenreaktionen ablaufen sollte. Doch braucht man ein Physikstudium, um zu dieser Schlussfolgerung zu kommen? Natürlich ist es nicht mit ein paar Stunden Internet-Recherche getan, um die Ereignisse des 11. Septembers erschöpfend beurteilen zu können. Tatsächlich besteht eine gewisse Gefahr des Internets darin, Spekulationen und ungedeckte Behauptungen zu verbreiten, Behauptungen nicht mit Quellen zu belegen. Das kann, wie Chomsky richtig bemerkt, problematische Multiplikatoreffekte haben.

Doch oft reichen die Kenntnisse aus dem Schulphysikunterricht, um einige Behauptungen zu widerlegen. Der Commission Report hält fest (S. 305): “Der Südturm kollabierte in 10 Sekunden”. Wer nun behauptet, dies sei nicht annähernd die Zeit, die ein Körper aus der Fallhöhe von 415 Metern (so hoch war der Südturm) in freier Fallgeschwindigkeit zurücklegt, sollte es einmal mit der Formel t = Wurzel(h * 2 / g) nachrechnen. Bei einer Höhe von 415 Metern kommt man auf 9,2 Sekunden Fallzeit.
Andere Dinge lassen sich sehr wohl durch eine Internetrecherche erhärten, etwa die These, dass bisher noch keine Hochhäuser, die auf einer Stahlkonstruktion basierten, durch Feuereinwirkung in sich zusammenfielen oder die Frage, bei welchen Temperaturen Stahl seine Festigkeit verliert oder flüssig wird.
Chomsky Ausführungen bedenkend könnte man zu dem Eindruck gelangen, in der 9/11 Wahrheitsbewegung seien nur halbgebildete Amateure. Dies ist allerdings nicht richtig. Der Bewegung gehören an: Architekten, Naturwissenschaftler, ehemalige Offiziere, Politiker, Publizisten …

2. Die Machthabenden mögen es, dass sich Aktivisten mit der Frage befassen, was am 11. September 2001 genau passierte, weil es Energie ablenkt: von einem größeren Verbrechen, auf ein – in ihren Augen – wesentlich kleineres Verbrechen.

Dieses Argument hat eine gewisse Plausibilität. Dennoch lässt sich zwischen der Schwere und der Bedeutung eines Verbrechens unterscheiden. Ethisch betrachtet ist Mord verwerflich, einerlei ob eine alte Frau – wie in Dostojewskis “Schuld und Strafe” – das Opfer wird oder ein Staatspräsident. Doch es hat sicher eine andere politische Bedeutung, wenn der Staatspräsident einem Anschlag zum Opfer fällt.
Wenn es vom Verbrechensausmaß auch erheblich größere Verbrechen als die Terroranschläge vom 11. September gibt, so kommt der offiziellen Version als Rechtfertigung für den “Krieg gegen den Terror” und als Begründung für zwei Kriege, denen bisher über eine Million Menschen zum Opfer fielen, jedoch eine erhebliche Bedeutung zu.

Chomsky hat recht, wenn er sagt, dass es größere Verbrechen als die Anschläge vom 11. September gibt. Insofern relativiert er die exklusive Sichtweise der Amerikaner, auch die vieler Vertreter der 9/11 Wahrheitsbewegung (“9/11″ ist das wichtigste historische Ereignis des 21. Jahrhunderts” – Kevin Barret), die bisher noch keinen Terror dieses Ausmaßes erlebten, Gewalt, wie sie in anderen Ländern gang und gäbe, in den USA aber unvorstellbar ist. (Dennoch meint Chomsky an andere Stelle des Interviews: “There is nothing in history which is even remotely comparable to this [9/11]” – Also stellt der 11. September doch ein singuläres Ereignis für Chomsky dar?).

Chomsky betont also, es sei der Regierung sogar recht, wenn sich viele mit 9/11 befassen, dies lenke Aufmerksamkeit von den wirklich großen Verbrechen ab. Aber was folgt daraus? Sollte man lieber die Finger lassen von einer gründlichen Aufklärung der Ereignisse am 11. September 2001?

Nehmen wir einmal an, ein Ihnen nahestehendes Familienmitglied wäre ermordert worden. Es gäbe eine Täterbeschreibung, aber keinen Beweis und viele sich widersprechende Indizien. Tatsächlich haben viele Angehörige derjenigen, die am 11. September ums Leben kamen, den Eindruck, dass die Vorfälle nicht aufgeklärt sind (Dazu die Informationen auf der Webrepräsentanz des “Family Steering Committee“).

Nun käme ein Kriminalbeamter zu Ihnen und würde Ihnen mitteilen: “Tut mir leid, wir können uns nicht mit der Aufklärung Ihres Falles befassen, wir haben Wichtigeres zu tun”.  Nach dieser Logik dürfte man bei “kleineren Mordfällen” (also bei Fällen die bis zu 3000 Ermordeten reichen), bei unsicherer Beweislage als Familienangehöriger keine weiteren Fragen stellen und zudem nicht mehr ermitteln, weil es größere Verbrechen gibt, die der Aufklärung bedürfen.

Chomsky meint am Ende des Interviews, dass die 9/11 Wahrheitsbewegung möglicherweise von der Regierung gefördert wird. Diese fantastisch klingende Bemerkung erinnert jedoch genau an das, was Chomsky kritisiert: an eine Verschwörungstheorie.

3. Wissenschaftler führen Experimente mit vielen Variablen aus. Sogar mit kontrollierten Experimenten bekommt man eine Menge Probleme. Man kann deshalb durch die nachträglichen Untersuchungen nicht ermessen, was am 11. September tatsächlich passiert ist.

Ohne eine gewisse Verlässlichkeit der eingesetzten Forschungsinstrumente wären die Ergebnisse wissenschaftlicher Experimente und Untersuchungen reine Zufallsprodukte. Dies ist aber keineswegs der Fall, denn man kann einige Variablen konstant halten und dann schauen, wie sich die abhängigen Variablen verändern. Träfe Chomskys Aussage wirklich zu, wäre naturwissenschaftlicher Fortschritt nicht möglich. Ereignisse lassen sich nachträglich rekonstruieren. Das gehört etwa zum Alltagsgeschäft von Kriminalisten. Es trifft allerdings zu, dass diese Rekonstruktion oft schwieriger ist als einen Test unter Laborbedingungen durchzuführen.

4. Die Frage nach dem “Wem nützt es?” ist völlig wertlos.

Diese Frage ist bei jeder Untersuchung eines Mordes (“Wer hat möglicherweise welches Motiv?”) selbstverständlich, wenn nicht sogar zentral. Warum sollte dies nicht wichtig sein? Chomsky  meint, viele Machtzentren hätten aus den Ereignissen des 11.9. Profit geschlagen. Doch ist es daher wertlos zu fragen, wer ein Motiv gehabt haben könnte, die Anschläge zu inszenieren? Später führt er an, dass Topmanager aus den Vorfällen mit Optionsgeschäften riesige Gewinne gemacht hätten. Ja, die Aktienkurse von Raytheon, Northrop Grumman oder Boeing, also die der mächtigsten Rüstungskonzerne, stiegen nach dem 11. September auch in schwindelerregende Höhen – davon spricht Chomsky allerdings nicht.

5.  Verschwörungstheorien über den 11. September fehlt es an jedweder Glaubwürdigkeit.

Chomsky meint, eine Verschwörung in diesem Ausmaß wäre längst aufgeflogen. Treffend hält der Interviewer fest, dass “Regierungen lügen”, er gibt dazu den Vorfall am Golf von Tongking an. 1964 beschossen angeblich nordvietnamesische Schnellboote ein amerikanisches Kriegsschiff. Der Vorfall gab Präsident Johnson die Begründung, militärisch in Vietnam einzugreifen.

Chomsky meint, man könne nicht “davon kommen” mit einem solchen Verbrechen, es bedeute das Ende der republikanischen Partei, die Verantwortlichen würden vor ein Schießkommando gestellt.  Doch dies legt nahe, dass eine geheimgehaltene Aktion dieses Ausmaßes in jedem Falle auffliegen würde. Trifft dies zu? Es lassen sich einige Gegenbeispiele anführen: Am Manhattan-Projekt waren zehntausende von Mitarbeitern ab 1942 beteiligt. Das Unternehmen, das zur ersten einsatzfähigen Atombombe führte, blieb dennoch geheim. Geheim blieben auch zunächst die amerikanischen Bombenteppiche in Kambodscha Anfang der siebziger Jahre. Neben der Bundesrepublik krachte ab 1989 ein Staat zusammen, damit hatte fast niemand gerechnet, und viele flogen aus allen Wolken bei der Nachricht, die Mauer sei geöffnet.

Es erstaunt, gerade ein solches Argument von Chomsky zu hören. Gerade er prangert immer wieder an, dass zahlreiche Verbrechen auf politischer, ökonomischer oder ökologischer Ebene totgeschwiegen oder bagatellisiert werden.

Unsaubere Argumente

Chomsky gilt selbst nicht gerne als Verschwörungstheoretiker. Er weiß um die (Ohn-)Macht dieses Begriffes. Denn man wirft seiner Medientheorie vor, sie sei eine Verschwörungstheorie (etwa hier). Chomsky meint:

 “For people to call [Chomsky’s media analysis] ‘conspiracy theory’ is part of the effort to prevent an understanding of how the world works, in my view ‘conspiracy theory’ has become the intellectual equivalent of a four-letter word: it’s something people say when they don’t want you to think about what’s really going on” 2)

 Wer seinen Diskussionsgegner abschätzig als Verschwörungstheoretiker bezeichnet, versucht auf diese Weise jede rationale Diskussion zu unterbinden. Das weiß Chomsky selbst. Doch warum benutzt er dann die Phrase zur Bezeichnung derjenigen, die darum bestrebt sind, die Ereignisse vom 11. September 2001 aufzuklären oder die eine andere Version vom Tathergang vertreten? Will er diese lästigen Fragesteller einfach schnell zum Schweigen bringen?

Der Gebrauch des Wortes “Verschwörungstheorie” erfüllt nach Barrie Zwicker vier Funktionen. Zunächst soll er die Argumente des Gesprächspartner entwerten. Aber, fragt Zwicker, zeigt die politische und ökonomische Wirklichkeit nicht allzu deutlich, dass Verschwörungen gang und gäbe sind? Im amerikanischen Recht ist der Begriff “Verschwörung” ein gängiger Term; viele Manager stehen wegen Verschwörungsdelikten am Pranger. Auch die Geschichte liefert zahlreiche Beispiele für Verschwörungen. Warum sollte man daher keine Theorie über eine Verschwörung bilden dürfen?

Zweitens erfolge die Verwendung dieses Begriffes meistens dann, wenn jemand keine Argumente mehr gegen Fakten und logische Schlussfolgerungen seines Gesprächspartners habe.

Drittens sei das Wort, als “Argument” gebraucht, ein Schlag unter die Gürtellinie, man stelle auf diese Weise jemanden in die Ecke eines Spinners, einer Person, die nicht mehr zurechnungsfähig sei.

Viertens bilde der “kumulative Gebrauch dieses Wortes in unserer Gesellschaft eine Mauer, die Aufmerksamkeit von der Existenz tatsächlicher Verschwörungen ablenkt”. 2)

Anmerkungen

1) C.G. Jung: “Allgemeines zur Komplextheorie. In: ders: Über psychische Energetik und das Wesen der Träume. Olten und Freiburg im B.: Walter, 1971

2) Vgl. dazu: Barrie Zwickers Buch: Towers of Deception. Fünftes Kapitel: The Shame of Noam Chomsky and the Gatekeepers of the Left. The Media Cover-up of 9-11. New Society Publishers, Gabriola Island, BC, Canada, 2006

Kommentare

6 Antworten zu „11. September 2001: Alternative Theorie und welche Reaktionen sie auslöst“

  1. Avatar von Anabell39

    Wirklich sehr interessant.

    Viele Grüße
    aus Berlin nach Korea!!

    Anabell

    1. Avatar von Perspektivator

      Danke für die Rückmeldung. Meines Erachtens weichen viele Menschen davor zurück, sich selbst über die Ereignisse am 11.9.01 ein Bild zu machen. Es ist bequemer, unhinterfragt an die offizielle Version zu glauben und Intellektuelle wie Chomsky, die sich eigentlich sehr kritisch mit den Medien auseinandersetzen, leisten dieser Neigung leider noch Vorschub.

      1. Avatar von Anabell39

        Ja, sich der offiziellen Version anzuschliessen,
        verspricht innere Ruhe. Erst mal.
        Die Aussagen von Chomsky, die konnte ich nur Deinem Text entnehmen, da das Video auf inaktiv gesetzt wurde,
        sehe ich differenzierter.
        Ich teile einige Ansichten mit ihm,
        Ablenkung von anderen Themen,
        man muss in unserer komplexen Welt nicht Ingeneuer sein,
        um Fragen zum Wahrheitsgehalt zu stellen.
        Das Letztere ist ein “Totschlagargument”. Also langweilig.

        Mindestens öffnet das was,
        wenn zum am 11.September hinterfragt wird.
        Und das ist überfällig.

        Amerika ist ja bekannt für einseitige Aufklärungen,
        sonst wäre Bush nicht ein zweites Mal Präsident geworden.
        Bis die amerikanische Bevölkerung checkt,
        was hinter den Kulissen abgeht,
        hatten wir damals in Europa längst die Hoffnung
        auf Vernunft dort aufgegeben. Siehe Iraq.

        Anabell

  2. Avatar von Perspektivator

    Danke für den Hinweis zur Nicht-Zugänglichkeit des Chomsky Interviews. Der Nutzer Ouroboros712 hat das Video offenbar entfernt oder sein Account ist erloschen. Ich habe eine andere Version dieses Interviews gefunden (siehe Hinweis in obigem Text unter der ursprünglichen Version des Interviews).

    Gruß aus Korea nach Berlin.

  3. Avatar von Videbitis

    Sehr gut! Klar, sachlich, hellsichtig ist Deine Analyse, ich bin begeistert und werde sie weiterempfehlen.

    LG

  4. […] 9/11 Wahrheitsbewegung – Deutsch”  verweisen. (Siehe auch: Tag der Niedertracht, 11. September 2001: Alternative Theorie und welche Reaktionen sie auslöst, 11. September 2001: Das Geschehen am Tag, 11. September 2001: Die Folgen der offiziellen Version, […]

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