An der verschlossenen Quelle
In der Nähe der vom Erdbeben heimgesuchten chinesischen Provinz Sichuan liegt die Provinz Yunnan, die auch Erdbebenopfer zu beklagen hat. Gerne trinke ich Tee, besonders „Golden Yunnan“, einen schwarzen Tee aus jener Gegend. Während dieser Tee jeder gute Teeladen in Deutschland anbietet, konnte ich ein Teegeschäft mit reichhaltigem Sortiment bisher nicht in Korea auffinden, geschweige denn diesen Tee in Südkorea erhalten. Bevor ich nach Korea kam, freute ich mich auf eine große Teeauswahl in Korea. Aber Fehlanzeige, hier gibt es in erster Linie ein Dutzend koreanischer Tees, selten kann man chinesischen Grün-Tee kaufen und der schwarze Tee, in einigen wenigen Geschäften in kleinen Dosen vorhanden, kostet gut das Doppelte wie in Deutschland. Vor einiger Zeit fragte ich in einem Supermarkt nach schwarzem Tee, Hongcha. Der Verkäufer war zunächst irritiert, dann erforschte er verzweifelt verschiedene Regale, fingerte schließlich in einer entfernteren Ecke, um mir schließlich einen kleinen Pappkarton mit Teekanne-Aufgussbeuteln (!) in die Hand zu drücken.
Es ist nicht alles Gold, was glänzt
Doch zurück zum Erdbeben. Vielleicht hätten zehntausende Menschen nicht sterben müssen, wären sie in stabileren Schulgebäuden untergebracht gewesen. Jedenfalls hätten mindestens 10 000 Schulkinder das Erdbeben überlebt, hätten sie zur Zeit der Katastrophe in modernen Gebäuden verweilt, wie der International Herald Tribune in dieser Woche schreibt. Offenbar geht es in China, so wie in anderen aufstrebenden Ländern, eher darum, möglichst schnell Häuser und Gebäude aus dem Boden zu stampfen als solide Bauwerke zu errichten.
Während Konfutse (Konfuzius) vor etwa 2500 Jahren ein ausgewogenes Verhältnis von Form und Inhalt lehrte, Anstand, Schönheit und Moral zu vereinigen suchte, die richtige Gesinnung aber über alle Äußerlichkeiten stellte, ist vieles im heutigen China mehr Schein als Sein. Die Parteigenossen reden viel von Fortschritt, die Menschen erhalten aber Maulkörbe und verschmutzte Luft. Häuser halten auch nicht, was sie nach außen versprechen. Das Gleiche gilt für die Produkte, die China nach Korea und in alle Welt exportiert, diese sind nicht immer die ausgereiftesten. Einige Beispiele: In China produziertem Spielzeug, das der amerikanische Spielzeughersteller Matell vertrieb, zeigten sich unverhältnsimäßig hohe Bleianteile in der Farblasur. Nach Bekanntwerden der hohen Bleiwerte rief das Unternehmen fast eine Million seiner Produkte im August 2007 von seinen Kunden zurück. Der Chef der chinesischen Kooperationsfirma erhängte sich.
Vor einigen Monaten gab es in Korea einen Chips-Skandal. Koreaner knabbern gerne an Chips, die auch aus Fischteilen und Schrimps bestehen. Die koreanische Firma Nong Shim ließ ihr Knabberzeug in einer chinesischen Firma verpacken. Eine Konsumentin beschwerte sich beim Hersteller, sie behauptete den Kopf eines Nagetiers in der Tüte gefunden zu haben. Das war in Korea ein handfester Skandal, behaupten doch einige, diese Chips seien des Koreaners Lieblings-knabberspeise (gewesen).
Nong Shim Chips, Bild: Thebrownearth
Fahrradluftpumpen gibt es nur wenige in Korea zu kaufen. Vor etwa zwei Jahren kaufte ich eine professionell aussehende, in China produzierte Luftpumpe. Später stellte sich allerdings heraus, dass sich mit ihr das Fahrrad nicht aufpumpen ließ. Vor etwa fünf Monaten bestellte ich eine Hantelbank, auch in China produziert. Nach drei Monaten Übungen auf der Bank, sank diese wie ein nasser Sack zusammen, dabei hatte ich nicht allzu schwere Gewichte benutzt. Nun galt es auf leichtere Gewichte umzusteigen und also zwei weitere Stangen (für kleinere Hantelscheiben) zu kaufen. Zu Hause ausgepackt, verströmten die Stangen, made in China, einen widerlichen Gummiegeruch. Die auf ihnen angebrachten Gummiegriffe rochen nach verbrannten Autoreifen.
Mit zweierlei Maß gemessen
Ich trinke gerne Tee, wie bereits oben erwähnt. Wer grünen Tee nicht nur trinken will, sondern auch genießen möchte, muss die Wassertemperatur kennen. Natürlich kann man dies pi mal Daumen messen, etwa nach Zeitgefühl (wie dies wohl die meisten Deutschen, aber auch viele englische Teetrinker und auch koreanische Mönche machen) – oder mit exakter Zeitnahme. Wie schnell gekochtes Wasser aber abkühlt, das hängt auch von der Raumtemperatur ab. Tee kühlt also in zwanzig Minuten, je nach Raumtemperatur, auf eine unterschiedliche Temperatur ab. Ich trinke gerne Solokcha (설록차). Der sollte bei 70 Grad Celsius aufgebrüht werden. Da der häufige Gebrauch die Grad-Kennzeichnungen meines altes Thermometers langsam unleserlich machte, galt es nun ein neues Thermometer zu kaufen. Auch dies ist in Korea Mangelware. Man verstand in den Geschäften, in denen ich fragte, nicht mein Anliegen und leitete mich zur Sportabteilung, da die Verkäufer vermuteten, ich brauche das Thermometer aus medizinischen Gründen.
Schließlich konnte ein Bekannter ein in China hergestelltes Thermometer für mich erstehen. Ich probierte es aus. Es zeigte sich allerdings, dass es beim Messen der Wassertemperatur um 10 Grad von meinem alten, vermutlich in Korea hergestelltem Thermometer differierte. Grundsätzlich sind zwei verschiedene Interpretationen möglich: Beide Thermometer zeigen die falsche Temperatur an oder nur ein Thermometer. Bisher schmeckte mir der Tee gut, „genau richtig“. Ich vermute also, dass das alte Thermometer funktioniert, das neu erstandene, chinesische dagegen es mit der Wahrheit nicht so genau nimmt.
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