In der zweiten Januarwoche stand auf der ersten Seite in der „Korea Times“ ein Beitrag von C. Kenneth Quinones, einem ehemaligen US-Diplomaten, der einige Jahre in Süd- und Nordkorea lebte. Die Koreaner, meinte er, sollten nicht beleidigt sein, wenn sie bei den US-Amerikanern sehr wenig Interesse für die Präsidentenwahlen in Korea bemerkten. Quinones sagte, er habe von einem „winzigen Artikel erfahren, dass Lee Myung Bak einen Erdrutschsieg errungen hat“. Weder die nationalen noch die lokalen Fernsehsender in den USA hätten die Wahl erwähnt. Mit einem paternalistischen Einschlag gab der Diplomat zu bedenken, früher sei es den Amerikanern darum gegangen, ob aus Korea eine Demokratie wird, nun, nachdem in Süd-Korea freie Wahlen stattfänden, sei das Ziel erreicht, und die Amerikaner bräuchten sich nicht mehr um die Wahlen in Süd-Korea zu kümmern. Die amerikanische Regierung habe aber sehr wohl von den Wahlen Notiz genommen. Vor allem brauche sie den neuen Präsidenten für ihren „Kampf gegen den Terror“ und für ihre Bemühungen, eine Proliferation von Massenvernichtungswaffen zu verhindern.
Anders sieht es allerdings mit den asiatischen Medien aus, und insbesondere auch mit den koreanischen. Sie nehmen sehr wohl die anstehenden Wahlen in den USA wahr. Tatsächlich steht einiges für die Koreaner auf dem Spiel: etwa das Freihandelsabkommen mit den Vereinigten Staaten oder die Frage der Beziehungen zu Nord-Korea. Unter Bill Clinton konnte Kim Dae-jung seine „Sonnenscheinpolitik“ entwickeln, sein Nachfolger hatte es unter Bush bedeutend schwerer, sich dem Norden anzunähern.
Man kann schlecht die Positionen der US-Präsidentschaftskandidaten zu Korea einschätzen oder miteinander vergleichen, da dies kein hervorstechendes Wahlkampfthema ist. Sollte aber demnächst wieder ein Falke in Washington das Ruder übernehmen, so wird eine Entspannung der innerkoreanischen Beziehungen wesentlich schwerer werden. Rudolph Guiliani, der sich auch für ein Aufstocken der Truppen im Irak aussprach und dort eine Truppenpräsenz befürwortet, ist nun aus dem Rennen ausgestiegen. Seine republikanischen Kollegen haben ähnliche Sichtweisen, was die amerikanische Rolle im Irak betrifft.
Von den etablierten Medien unterschätzt
Doch der Republikaner Ron Paul sieht das anders. Kein Kandidat vertritt seine Position: Der Irak Krieg sei von Anfang an ein Fehler gewesen, die amerikanischen Truppen hätten das Land sofort zu verlassen. Auch die Operation „Desert Storm“ hätten die USA im Jahre 1991 nicht durchführen dürfen. Ironischerweise erhält der Texaner Paul unter allen Kandidaten am meisten Zuwendung aus Militärkreisen, hier schätzt man wohl einen Kandidaten, der die originäre Aufgabe des Militärs schätzt: Landesverteidigung – und nicht das sinnlose Verheizen von Rekruten in imperialen Kriegen, denen die Zivilbevölkerung zum Opfer fällt.
Auch aus Süd-Korea sollten sich die Amerikaner nach Ron Paul zurückziehen. Im Fall eines – nach seiner Meinung sehr unwahrscheinlichen – Übergriffes der Nord-Koreaner auf Süd-Korea hält Paul nichts von einem amerikanischen Eingreifen. Die Süd-Koreaner seien um ein Vielfaches besser ausgerüstet und daher sei mit einem solchen Angriff auch kaum denkbar (zu der Stärke der Truppen in Süd- und Nordkorea siehe auch den Blogeintrag vom 6.10.2007). Mittlerweile hat sich auch in Seoul eine Unterstützergruppe für den Texaner gebildet. Die etablierten Medien schneiden Ron Paul, Fox News hat ihm vor kurzem nicht erlaubt, an einer Diskussionsrunde mit seinen republikanischen Mitbewerbern teilzunehmen.
Die neue amerikanische Regierung wird auch die Weltpolitik gestalten. Daher blicken nicht nur einzelne Länder auf das amerikanische Wahlkampfspektakel. Im Grunde genommen haben diese Wahlen für alle Länder eine Bedeutung. Dennoch werden sich vielleicht nur kleine Akzente der amerikanischen Politik ändern: eine neue Besatzung, aber der Kurs bleibt im Grunde genommen derselbe. Es wäre auch wirklich überraschend und unwahrscheinlich, wenn jemand gegen das versteinerte Establishment in Washington erfolgreich anrennen könnte. Der Linguist und politische Philosoph Noam Chomsky sagte ein Mal: „Wenn jemand verkündet, er wolle Präsident werden, kann man davon ausgehen, dass er im Fall seiner Wahl nicht besser ist als George Bush“.
Wird sich überhaupt etwas ändern?
Also wird eine Frau andere Maßstäbe setzen? Wird ein Mensch regieren, der den Bürgern wieder mehr Freiheiten gibt? Oder wird jemand einer Regierung vorstehen, die weiter baut auf Terrorangst, Beschneidung des Rechtsstaates, Klientelwirtschaft und Staatsverschuldung? Wird der nächste Präsident weltweit die amerikanische Truppenpräsenz ausbauen? Oder wird er oder sie diese abbauen? Kommt ein Imperialist ans Ruder? Gibt der künftige Präsident seinem Vorgänger ein „Pardon“, wie es ehedem Gerald Ford Richard Nixon gab? Oder geht er gegen die einstigen Kriegsverbrecher in der Regierung vor? Was kann eine künftige US-Regierung zur wirtschaftlichen, wissenschaftlichen und kulturellen Zusammenarbeit beitragen? Nichts? Oder vielleicht doch etwas? Kann sie helfen, Schritte in Richtung auf einen „weltbürgerlichen Zustand“ zu gehen? Oder wird sie umgekehrt dazu beitragen, das Entstehen eines solchen Zustandes zu verhindern? Schafft sie es, Impulse für eine vernünftige globale Umweltpolitik zu geben? Oder lehnt man es weiter starrköpfig ab, verbindliche Verpflichtungen übernehmen?
Was gibt es hier zu lachen?
Nach dem morgigen sogenannten „Super Tuesday“ wird das Feld der möglichen Kandidaten sich wohl weiter verringern. Wird die Irak-Kriegs Befürworterin Hillary Clinton, die sich auch für „Militärschläge“ gegen den Iran aussprach, weiterkommen? Die Senatorin unterstützte in der Vergangenheit zahlreiche zweifelhafte Waffenexporte und war in verschiedene Affären verwickelt. Ich hätte nichts dagegen, wenn sie einen Dämpfer erhielte. Sie und ihr Ehemann hatten in den vergangen Wochen auch die Positionen Barack Obamas verzerrt dargestellt – gelinde ausgedrückt. So behauptete Hillary Clinton in „Meet the press“, Obamas Wahlmanager David Axelrod habe sie beschuldigt, eine Rolle bei der Ermordung Benazir Bhuttos gespielt zu haben. Axelrod hatte im Gegenteil am 27. Dezember behauptet, dass der Tod Bhuttos ihr nichts nützen würde.Wen würde ich wählen? Oder besser gesagt, wer sollte die kommenden Vorwahlen überstehen? Grundsätzlich halte ich mehr von den demokratischen Kandidaten – doch mit einer Ausnahme: Ron Paul, Er erscheint mir klarer und gradliniger als Hillary Clinton. Mir erscheinen seine Positionen zum Irak Krieg, zu Bürgerrechten und „Befragungsmethoden“ (genauer: zur Folter) und zur weltweiten Rolle der USA doch um einiges plausibler zu sein als die der anderen Kandidaten zu diesen Themenbereichen. Mit einigen seiner Auffassungen kann ich mich allerdings weniger gut anfreunden: etwa die zur Immigration oder zur Sozialversicherung. Seine libertären wirtschaftlichen Ansichten sind mir etwas fremd. Doch je mehr ich mich mit dieser Position auseinandersetze, desto eher kann ich ihr etwas abgewinnen. Wenn ich ihn richtig verstehe, tritt er für das Subsidiaritätsprinzip ein.
Am Wahltag würde ich Barack Obama jedem anderen Kandidaten vorziehen. Doch hätte ich am 4. November 2008 die Wahl zwischen Hillary Clinton und Ron Paul – ich würde für den Texaner stimmen.
Ron Paul erklärt seine außenpolitischen Vorstellungen
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