Seit vergangenem Sonntag bin ich wieder zurück in Gwacheon von einer dreiwöchigen Deutschland-Reise. Das Wetter ist schwül-heiß nach der Rückkehr in Korea, das Leben, wie immer, schnell und geschäftig. Sofort gilt es, sich zeitlich, klimatisch, kulturell und sprachlich umzustellen. Einiges ist über den Aufenthalt in Deutschland zu berichten. Doch zunächst möchte ich ein paar Worte machen über eine Begebenheit kurz nach der Rückkehr: Verschiedene koreanische Ausdrücke habe ich in den zurückliegenden drei Wochen verlernt, zu dieser unangenehmen Erkenntnis kam ich im Hause der Familie meiner Frau. Auf einige einfache, auf Koreanisch gestellte Fragen konnte ich nicht antworten.
Erfahrungen mit Asiana Airlines
Eine Sprache zu lernen dauert lange, der Weg ist beschwerlich, Sisyphos gleich, schleppt so mancher Lernende den Felsbrocken immer wieder auf einen Berg, bis dieser im letzten Augenblick dann doch wieder herabrollt. Nietzsche kritisierte ein Mal diejenigen, die stets fleißig neue Sprachen lernen. Er sagt, es sei viel wichtiger seine Muttersprache zu meistern und dies sei eine lebenslange Aufgabe. Viele haben ihre Muttersprache offenbar wenig im Griff, brüsten sich hingegen damit, andere Sprachen zu beherrschen.
Eine sanfte Landung?
Wir sind mit Asiana Airlines am 27. Juli nach Deutschland geflogen, von Seoul / Inchon nach Frankfurt. Asiana bot wirklich einen guten Service auf dem Hinflug an: drei Mal warmes Essen – für mich extra zugerichtetete vegetarische Kost -, dazwischen einen Imbiss, ausreichend Getränke. Dann verteilte das Personal Kopfhörer mit Ohrpolsterung (diese habe ich bei Korean Air immer recht mühselig eingepfriemelt). Allerdings verfügen die Flugzeugsitze der Boing 777 von Asiana über Buchsen mit zwei Eingängen, und in diese passen keine handelsüblichen Kopfhöreranschlüsse. Jeder Sitz war mit einem individuell verstellbaren Display zum Filmeschauen ausgestattet. Die Stewardessen kümmerten sich stets freundlich um die Fluggäste, sie zeigten sich auch nicht unnahbar, etwa dann, wenn jemand um einen Nachschlag Wein bat.
Auf dem Rückflug am 11. August, sagte meine Frau, sei der Service allerdings weniger überzeugend gewesen. Das konnte ich auch für den 18. August bestätigen: Nur noch zwei warme Essen wurden aufgetischt, das vor drei Wochen noch sorgfältig hergerichtete vegetarische Essen verwandelte sich einfach in eine Portion ohne Fleisch. Vor dem Einsteigen in die Maschine drängelten die Koreaner, obwohl für jede Person ein Sitzplatz reserviert war. Vor dem Einchecken dagegen ließ mir eine koreanische Reisegruppe freundlicherweise den Vortritt. Beim Einchecken schließlich überlistete mich eine blonde, attraktive Mitarbeiterin von Asiana auf geschickte Weise: Es sei noch ein Platz frei in der Business-Class am Fenster in der Nähe des Notausganges. Ich müsse dann allerdings Englisch verstehen können. Ob ich bereit sei, meinen Platz in der Economy-Class dafür einzutauschen? Nach kurzem Überlegen und der Verneinung meiner Frage, ob ein Zuschlag zu bezahlen sei, meinte ich: „Ja“. Hinterher stellte sich heraus, dass es sich gar nicht um einen Platz in der Business-Class handelte, sondern um den Platz unmittelbar neben dem Notausgang in der Economy-Class. Die Sache mit dem Englisch-Verstehen ist außerdem hinfällig gewesen, das heißt, sie ist keine Besonderheit. Denn auf Flügen von Asiana wendet sich das Bord-Personal sowieso nur in Koreanisch und Englisch an die Fluggäste, und für jemand, der des Koreanischen nur in Ansätzen mächtig ist, bleibt folglich nur Englisch übrig.
Nein, ich sollte dazu in der Lage sein, in Englisch den Passagieren die Instruktionen für den Notfall mitzuteilen. Das ist die Aufgabe desjenigen, der unmittelbar am Notausgang sitzt. Dies teilte mir allerdings nicht die attraktive Blondine am Schalter mit, stattdessen eine befehlende Koreanerin im Flugzeug. Was hat aber auf diesem Platz jemand zu suchen, der auf Englisch Sicherheitsanweisungen geben kann? Jemand der auf Koreanisch dieser Aufgabe nachkommt, wäre hier sicher die bessere Wahl. Denn das Flugzeug war zu 95% mit Koreanerinnen und Koreanern besetzt und Koreaner sprechen in der Regel wenig Englisch. Warum sollte gerade ich dort sitzen und im Notfall etwas erklären, was die meisten der Fluggäste kaum verstanden hätten? Von Business-Class war dort natürlich auch keine Spur, stattdessen dröhnten die nicht weit entfernten Triebwerke. Allerdings hatte ich viel mehr Bewegungsfreiheit als diejenigen, die recht engumschlossen hinter mir saßen; insofern kam dieser Platz einem Sitz in der Business-Class wohl nahe.
Frankfurt als Weltstadt
Am Freitag, 27.7. kamen wir also in Frankfurt an. Aus dem Flugzeug ist die Skyline Frankfurts zu erkennen: der Messeturm, das Commerzbank-Hochhaus und einige andere hochragende Gebäude. Die Deutschen nennen Frankfurt oft ihr Mainhatten. Doch verglichen mit der Fassade Seouls wirkt die Gebäudefront der Mainmetropole eher beschaulich, dörflich. Andererseits habe ich den Eindruck, dass der Flughafen in Frankfurt wesentlich weitläufiger ist als der in Seoul/Inchon. Tatsächlich benutzten im Jahre 2006 den Frankfurter Flughafen 52,8 Millionen Passagiere, während im gleichen Zeitraum das Aufkommen in Seoul/Inchon nur 28,1 Millionen Fahrgäste betrug. Nach dem Passagieraufkommen liegt Frankfurt weltweit an sechster, Seoul/Inchon hingegen an zweiundreißigster Stelle.
In der Korea-Times las ich zudem vor einiger Zeit, dass Frankfurt, was die Möglichkeiten betrifft, Geschäfte abzuschließen, nach Ansicht der befragten Unternehmen einige Plätze vor Seoul rangiere. Größe muss also nicht unbedingt mit Güte einhergehen.

Das Reiseprogramm
Auf dem Programm stand neben einem Besuch meiner Familie eine Reise nach Trier und das Wiedersehen mit einigen Verwandten, Freunden und Bekannten. Eine kleine Familienfeier anlässlich des Geburtstages meiner Mutter und drei Tage am Comer See waren auch vorgesehen. Außerdem darf für jemanden, der im Rheinland aufwuchs, ein Besuch in der Domstadt nicht fehlen, dann galt es auch Wanderungen und Läufe, eine Schiffs- und eine Fahrradtour sowie Abstecher nach Bonn und Siegburg zu machen.
Erkenntnis durch Kontrast
Wir können nur unvollständig beschreiben, wie unsere Umgebung aussieht. Nur gewisse Orientierungsmarken zeigen uns den Weg, dazu müssen wir nicht alle Gestalten, die uns umgeben, vollständig kennen. Viele Jahre wohnte ich in Trier und ich hatte von den bestehenden Gebäuden nur eine beschränkte Vorstellung. Doch nun – eineinhalb Jahre vergingen seit meinem letzten Besuch in die älteste Stadt Deutschlands – sind mir doch verschiedene Veränderungen aufgefallen. Private Investoren und die Stadt haben einige Bauwerke neu errichtet. So steht nun in der Nähe des Bahnhofes ein gewaltiges Gebäude einer bekannten Krankenkasse, sich harmonisch in das alte Straßenbild einfügend. (In Seoul kommt es dagegen häufig nur darauf an, einen imposanten Bau schnell hochzuziehen, oft ohne Rücksicht auf das Umfeld). Die Fassade rund um das Stadt-Museum am Simeonsstiftsplatz ist neu, und großflächig in weiß angestrichen, ebenso hat man in der Nähe der Kaiserthermen ein ziegelsteinfarbiges Gemäuer errichtet. Es versperrt leider die Sicht von der Südallee auf das Kurfürstliche Palais. Ein Taxifahrer sagte uns, dass nun endlich über der Strecke der ehemaligen Hochwaldbahnstrecke ein Fahrradweg entstanden sei. (Dazu auch das Projekt: Ruwer-Hochwald Radweg). Nicht zu vergessen: die Umgehungsstr
aße. Endlich ist seit dem 16. April 2007 der Teil der B53 eröffnet, auf dem sich Biewer und Ehrang umfahren lässt. Die Planungen für diese Straße erstreckten sich über Jahrzehnte, nach ständigen Verzögerungen klappte es nun.
Was das Äußere der Gebäude in Trier betrifft, so habe ich den Eindruck, dass zwar blütenweiße Neubauten entstanden sind, dass andererseits in den vergangenen 18 Monaten der Lack an so mancher Fassade – auch in der Innenstadt – bröckelte, dass sich Schmierereien an noch mehr Hauswänden zeigen. Das so genannte DM (Drittmittel, nicht Deutsche Mark) -Gebäude der Universität Trier – vor zehn Jahren noch ein glänzender, prächtiger Neubau – sieht nun fürchterlich aus, schaut man aus einem der oberen Stockwerke des C-Gebäudes der Universität auf es hinab.
Die Römerbrücke in Trier
Auch das Fahren mit einigen Buslinien haben die Trierer Stadtwerke verändert, nicht immer zum Vorteil der Fahrgäste. Warum kann man etwa nicht mehr mit der Linie 87 von der Porta-Nigra nach Quint fahren? Ständige Änderungen, manchmal zum Besseren, gelegentlich nur scheinbar.
Der Sternbusverkehr, ein Segen?
Die Stadtwerke feiern in diesem Jahr ein Jubiläum: Vor 10 Jahren führten sie den so genannten „Sternbusverkehr“ ein. Ab diesem Zeitpunkt fahren viele Busse in den Abendstunden und an Wochenenden sternförmig von bestimmten Verkehrsknotenpunkten, wie dem Bahnhof, in alle möglichen Richtungen. Ich vermutete damals aber, dass dieser Sinn fürs Praktische in Wirklichkeit mit einer Ausdünnung des Fahrplanes einherging. Dies belegt jedenfalls ein altes Fahrplanheft aus der Zeit vor 1997, das ich noch besitze. Zu einer gründlichen Inhaltsanalyse und einem Vergleich mit den neueren Heften bin ich noch nicht gekommen. Doch ein flüchtiger Blick auf die Fahrpläne zeigt, dass der „Sternbusverkehr“ eine getarnte Rationalisierungsmaßnahme war, dass mit seiner Einführung zwar an einigen Stellen die Wartezeiten deutlich sanken, aber weniger Busse als vorher fuhren.
Ein schlanker werdendes Unternehmen mit immer weniger Kundenkontakt
Bei der Kundenberatung der Bundesbahn in Trier bedeutet man uns, dass die Fahrkarten am Automaten oder im Internet günstiger seien. Eine Beratung am Schalter bzw. ein Fahrkartenkauf am Schalter koste eine Bearbeitungsgebühr von fünf Euro. Ohne Frage, die Menschen am Schalter der Bahn sind freundlich und machen einen kompetenten Eindruck, aber dafür eine Beratungsgebühr zahlen? Gehört dies nicht eigentlich zum selbstverständlichen Service eines Dienstleistungsunternehmens? Soll der Bäcker, der über verschiedene Brotsorten informiert, künftig auch eine Gebühr einziehen?
Wir kauften schließlich unter anderem Fahrkarten nach Frankfurt / Flughafen. Dort, am Flughafenfernbahnhof, wie ich später feststelle, kann man Karten am Automaten nur noch mit Kreditkarte erwerben (auch im Internet muss man die Kreditkartennummer angeben). Nicht jeder Mensch besitzt eine Kreditkarte und nicht jeder, der eine Kreditkarte sein Eigen nennt, will diese auch immer benutzen, aber die Bahn tut so, als ob dies der Fall sei.
In Hennef, in dem Ort, in dem ich aufgewachsen bin, hat die Bahn das alte Bahnhofsgebäude nun fast vollständig an die Gastronomie abgetreten; abgedrängt in einer kleinen Zelle sitzt nun ein vielbeschäftigter Angestellter der Bundesbahn. Während der Kundenberatungen kann er sehen, wie Hamburger wandern über die Theke eines gegenüberliegenden MacDonald Lokales (siehe Bild rechts unten das DB Emblem neben dem Logo der Fastfood-Kette).

Auf der Strecke Hennef-Köln fahren viele Züge und S-Bahnen. Es gibt hier so gut wie keinen Zug mehr, dessen Scheiben nicht zerkratzt sind. Jugendliche stellen gerne ihre Füße (inklusive Schuhe) auf die Polster. Warum eigentlich: Aus Langeweile, weil sie provozieren wollen oder weil es „cool“ ist? Als ich von Italien wiederkommend im Zug von Köln/Bonn nach Troisdorf saß, sagte ein Mitarbeiter der Bahn zu einem Jugendlichen: „Das ist nicht erlaubt“. Der Jugendliche nahm daraufhin seine Füße vom Sitzpolster. Als der Mitarbeiter außer Sichtweite war, stellte er seine Füße wieder auf die Sitzbank. Nun sagte ich zu ihm: „Sie verschmutzen damit den Sitzplatz!“ So, als ob ich etwas Beleidigendes gesagt hätte, zog der Junge seine Füße wieder von der Bank und ging. Der Mitarbeiter erklärte mir später, eigentlich könnten die Bediensteten von jedem, der die Sitzbänke beschmutzt, eine Reinigungsgebühr von 20 Euro verlangen. Nur die Bahn stelle keine Quittungsblöcke für die Rechnungen zur Verfügung. Seltsame Logik! Die Fahrgäste und die Bahn möchten saubere Polster, die Bahn will offenbar aber auch jugendliche Fahrgäste nicht vergraulen und leistet damit dieser Marotte weiter Vorschub. In Korea habe ich so etwas noch nie erlebt.
Von Hennef kann man seit einiger Zeit per Bahn den Flughafenbahnhof in Köln / Bonn ansteuern. Das ist wirklich praktisch. Doch wer in Troisdorf umsteigt, steht bei schlechtem Wetter, im wahrsten Sinne des Wortes im Regen. Die Bahn baut schon seit Jahren in Troisdorf, eifrig, mir wird nicht klar, worauf es hinausläuft. Man hat es jedenfalls bislang nicht geschafft, mehrere überdachte Bahnsteige zu bauen.
Ein Mal schrieb ich einen Brief an die Direktion. Wo denn brauchbare Schließfächer auf dem Troisdorfer Bahnhof seien, wollte ich wissen. Der Kundenservice antwortete nur ausweichend. Vermutlich hat sich die Schließfachsituation im Bahnhof Troisdorf nicht verbessert, Troisdorf zählt mit knapp 75000 Einwohnern immerhin die meisten Einwohner im Rhein-Sieg-Kreis. Was ich allerdings mit Gewissheit weiß, dass man auf diesem Bahnhof oft im Regen steht.
Ohne Frage, das Netz der Deutschen Bahn ist immer noch recht engmaschig. In Korea sitzt der Fahrgast oft stundenlang im vollklimatisierten aber unbequemen Bus, der recht rücksichtslos über die Schnellstraße rast, in Deutschland dagegen lässt es sich auch in Nahverkehrs-Zügen noch bequem reisen. Außerdem sind die Verbindungen zwischen einigen entfernter gelegenen Orten in den vergangenen Jahren wirklich kürzer geworden. Von Siegburg / Bonn nach Frankfurt Flughafen Fernbahnhof dauert die Fahrt auf der neuen, sechs Milliarden Euro teuren Schnellfahrstrecke Köln–Rhein/Main knapp eine halbe Stunde. Vorher betrug eine Fahrt von Bonn nach Frankfurt / Flughafen mehr als das Dreifache. Vielleicht glaubt man auf der Managementetage der Bundesbahn, dass die neuen Strecken und der Geschwindigkeitszuwachs auf einigen Routen ein geringeres Maß an kostenlosem Kundenservice rechtfertigen. Alles soll offenbar moderner, schlanker, schneller und bunter werden. Immer mehr, scheinbar entbehrliche Mitarbeiter der Deutschen Bahn AG müssen dafür gehen, die Aktionäre jubeln. Herr Mehdorn und seine Kollegen wollen ihr Unternehmen offenbar gründlich an die Börse anpassen.
Die Zeit in Deutschland und Italien verging schnell. Vieles konnten wir unternehmen, leider nicht alles, was geplant war. Die Menschen, denen wir während des Deutschland-Aufenthaltes begegnet sind, leben in der Regel in einem anderen Zeit-Modus. Es überrascht und überfordert manche, schon lange Zeit vor einer Begegnung Verabredungen zu treffen. „Wenn wir uns heute nicht treffen, dann eben morgen oder nächste Woche“, meinen einige, so als ob jemand, der von weit angereist ist und sich ein Programm von drei Wo
chen vorgenommen hat, auf unbestimmte Zeit locker verfügbar sei. Im Allgemein verliefen die Abstimmungen problemlos, und wir verbrachten eine angenehme Zeit.
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