Anspruch und Wirklichkeit der Englisch-Industrie

Investitionen und Lagerfläche

Englisch oder besser: Amerikanisch steht hoch im Kurs in Korea. Die Koreaner entrichten nach einer Umfrage des Samsung Economic Research Institutes (SERI) jährlich etwa 13,6 Milliarden Dollar für privaten Englisch-Unterricht (Jeon, Hyo-Chan: The Economics of English, Seoul 2006, Kurs: Januar 2007). In den großen Buchhandlungen quellen deshalb die Regale über mit Lehr- und Lernwerken dieser Sprache. Meter an Meter gereiht, über- und nebeneinander lagernd, stehen sie dort und verdrängen Materialien, die in Deutsch und anderen Sprachen gehalten sind. Vermutlich steht Japanisch an zweiter Stelle – was den Raum betrifft, den diese Fremdsprache in koreanischen Buchhandlungen einnimmt.

Sprachen im Internet

International gesehen, zumindest was seine Präsenz im Internet angeht, verliert das Englische aber an Bedeutung. Zwar sind immer noch fast 70 Prozent der Internetseiten in Englisch verfasst. Doch der relative Anteil der Nutzer, die in englischer Sprache kommunizieren, ist stark fallend. Im Jahre 2006 ist nur noch weniger als jeder Dritte auf Englisch „online“. Im Jahre 1996 waren es nach Erhebungen von Global Reach immerhin 80%. (http://global-reach.biz/globstats/index.php3). Rasant hat sich dagegen der Anteil der chinesisch- und spanischsprachigen Nutzer im selben Zeitraum erhöht: Kommunizierte 1996 fast niemand in Spanisch oder Chinesisch im Internet, sind es heute 9%  bzw. 14,1%.

Deutsch an koreanischen Schulen

Wichtigste zweite Fremdsprache in koreanischen Schulen ist nach einem Aufsatz der Germanistin Hae Yang Shin das Japanische. Das war ein Mal anders: „Unter den zweiten Fremdsprachen in Korea war Deutsch bis Mitte der neunziger Jahre die wichtigste zweite Fremdsprache neben Englisch als erster Fremdsprache an den Schulen“, schreibt die Germanistik Professorin („Auslandsgermanistik im Zeitalter der Globalisierung“, In: Journal of Regional Studies 8, Sookmyung Women´s University, Research Institute of Regional Studies, Seoul 2004, S. 324-342).

Englisch lernen und sprechen

Ist der Anspruch der Koreaner, Englisch zu lernen, einerseits gewaltig, so bleiben sie doch in der tatsächlichen Praxis dieser Sprache hinter ihren hochgesteckten Zielen zurück. Selten treffe ich in Seoul jemanden, der mir auf Englisch weiterhelfen könnte, auch junge Leute zeigen sich erstaunlich redegehemmt, was diese Sprache betrifft, so dass ich dann doch lieber bei diesen Gelegenheiten mein Koreanisch verbessern möchte.

Automat in einer U-Bahn Station

Stellen wir uns vor, jemand möchte wegen eines Weges oder eines Produktes auf Englisch eine Auskunft erhalten. Er erhält sie eher in Deutschland als in Korea, möchte ich behaupten. Selbst bei den Koreranern, die studiert haben und nach ihrem Studium seit ein oder zwei Jahren einer Beschäftigung nachgehen, treffe ich selten jemanden, mit dem ich mich einigermaßen in Englisch verständigen könnte. Dies ist in der Regel bei den Frauen anders, die sich flüssiger ausdrücken können. Auch bei den jüngeren Leuten trifft man grundsätzlich eher welche, die etwas in Englisch formulieren können. Nach den von SERI untersuchten zwölf asiatischen Ländern gilt Korea als das Land, in dem es am schwierigsten ist, in Englisch miteinander zu kommunizieren.

Seltsame Blüten bei der Job-Vergabe

Viele Koreaner glauben, der typische Englisch-Lehrer habe blonde Augen und blaue Augen, zumindest entspricht diese Figur dem typisch amerikanischen Serienhelden, so wie er oder sie sich auf vielen Leinwänden in koreanischen Kinos durchs Leben kämpft und liebt. Mir ist die Geschichte eines Englisch-Lehrers zu Ohren gekommen, der, so hat er gesagt, nicht Englisch lehren durfte, da er zu wenig diesem äußeren Englisch-Lehrer Typ entsprach: Er sah eben zu asiatisch aus und die schwarze Haarfarbe habe ihm den Job gekostet.

Äußerungen über eine Inselgruppe mit unangenehmen Konsequenzen

Bei Gerry Bevers war es offenbar seine politische Gesinnung, die es ihm nicht mehr ermöglichte, weiter an der Gachon University of Medicine and Science Englisch zu unterrichten. Dort hatte er bereits sechs Jahre gelehrt. Seit Mitte August 2006 begann er, eine Serie von Aufsätzen über die Insel Dokdo zu schreiben, auch auf einer Internet-Seite, die ein Australier betreibt.

http://www.occidentalism.org/

Der 51 jährige Bevers hatte nun ein Dienstgespräch heimlich aufgenommen. Teilnehmer waren Personen des Wiederbeschäftigungs-Komitees der Gachon-Universität. Darin sagt der für die Planung zuständige Dekan: „Bevers pädagogische Fähigkeiten mögen zwar in Ordnung sein, doch das Dokdo-Problem ist zu groß…“ Schließlich bot die Universität ihm keinen neuen Vertrag an.


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